Warum Chiropraktoren und Ärzt:innen in Deutschland enger zusammenarbeiten sollten

Eine evidenzbasierte Perspektive von Matthew Hender, Chiropraktor bei Hender Chiropraktik in Berlin.

In Ländern wie Australien, Kanada, den USA oder dem Vereinigten Königreich ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Ärzt:innen – insbesondere Hausärzt:innen und Orthopäd:innen – und Chiropraktoren längst etabliert. Dort arbeiten diese Berufsgruppen Hand in Hand – zum Wohl der Patient:innen. In Deutschland hingegen steckt dieses Miteinander noch in den Kinderschuhen. Aus Sicht eines evidenzbasiert arbeitenden Chiropraktors ist es höchste Zeit, das zu ändern.

Internationale Vorbilder zeigen, wie es geht

In Australien, wo ich mein Studium absolviert habe, sind Chiropraktoren als primäre Ansprechpartner für Beschwerden des Bewegungsapparates anerkannt. Ärzt:innen überweisen dort regelmäßig Patient:innen mit Rückenschmerzen, Nackenverspannungen oder Spannungskopfschmerzen an Chiropraktoren – und das aus gutem Grund: Manuelle Therapie, gezielte Bewegungsschulung und funktionelle Rehabilitation gehören zu den effektivsten und sichersten Maßnahmen bei diesen Beschwerden.

Auch im Vereinigten Königreich werden chiropraktische Maßnahmen offiziell empfohlen: Die Leitlinie des National Institute for Health and Care Excellence (NICE) zur Behandlung von chronischen Rückenschmerzen empfiehlt eine Kombination aus manueller Therapie (inkl. spinaler Manipulation), Bewegung und Aufklärung als effektive Maßnahme bei persistierenden Beschwerden.

In Kanada und den USA arbeiten Chiropraktoren häufig direkt in multidisziplinären Gesundheitszentren, gemeinsam mit Ärzt:innen, Physiotherapeut:innen und Psycholog:innen. Studien zeigen, dass eine solche Integration die Behandlungsqualität erhöht und Kosten senken kann.

Deutschland hinkt hinterher

In Deutschland fehlt diese Art der strukturierten Zusammenarbeit bislang weitgehend. Ein wesentlicher Grund: Die Berufsbezeichnung „Chiropraktor/Chiropraktiker“ ist nicht gesetzlich geschützt. Das führt dazu, dass Patient:innen und Ärzt:innen oft nicht erkennen können, ob eine fundierte akademische Ausbildung vorliegt. Dieser Mangel an Transparenz erzeugt Unsicherheit – und verhindert eine gezielte Zusammenarbeit.

Eine deutsche Studie unter Hausärzt:innen zeigt zudem: Viele empfehlen manuelle Therapien wie Osteopathie, obwohl sie ihre eigenen Kenntnisse in dem Bereich als begrenzt einschätzen. Das deutet auf ein grundsätzliches Interesse hin – aber auch auf fehlendes Vertrauen und Wissen über die Inhalte und Möglichkeiten moderner Chiropraktik.

Warum Zusammenarbeit sinnvoll und notwendig ist

Zahlreiche internationale Studien belegen die Vorteile einer engeren Kooperation:

  • Bessere Behandlungsergebnisse: Frühzeitige, konservative Maßnahmen – wie Manipulation, funktionelle Bewegungstherapie und patientenorientierte Aufklärung – verbessern Schmerzverläufe und reduzieren Chronifizierungen.

  • Weniger invasive Maßnahmen: Chiropraktik kann helfen, unnötige Operationen, Injektionen und eine langfristige Medikamenteneinnahme zu vermeiden. Das entlastet nicht nur die Patient:innen, sondern auch die Gesundheitssysteme.

  • Ganzheitlichere Versorgung: Wenn Ärzt:innen und Chiropraktoren gemeinsam diagnostizieren, planen und therapieren, entstehen effizientere Behandlungsverläufe mit besserem Patientenverständnis.

  • Sicherheit und Evidenz: Chiropraktik basiert – entgegen vieler Vorurteile – auf wissenschaftlicher Evidenz, klinischer Erfahrung und gezielter Bewegungsanalyse. Studien aus Deutschland und dem Ausland zeigen, dass Patient:innen von dieser Kombination deutlich profitieren können.

Ein Ausblick – und ein Aufruf zur Kooperation

Die Voraussetzungen für eine bessere Zusammenarbeit sind da – was fehlt, ist eine gezielte Umsetzung:

  1. Informationsaustausch fördern: Ärzt:innen brauchen fundierte Informationen über chiropraktische Ausbildung, Techniken und Indikationen.

  2. Berufsrechtlich absichern: Ein geschützter Titel für akademisch ausgebildete Chiropraktoren würde mehr Vertrauen schaffen und die Zusammenarbeit vereinfachen.

  3. Interdisziplinäre Netzwerke aufbauen: Pilotprojekte mit gemischten Praxisteams könnten Vorbild für eine moderne, patientenorientierte Versorgung in Deutschland sein.

  4. Patient:innen aufklären: Wer über evidenzbasierte Alternativen zu Schmerzmitteln und Operationen informiert ist, wird auch danach fragen – und den Weg in neue Versorgungskonzepte ebnen.

Fazit

Die internationale Evidenz zeigt klar: Die Zusammenarbeit zwischen Ärzt:innen und Chiropraktoren verbessert die Versorgung von Menschen mit muskuloskelettalen Beschwerden deutlich. Deutschland kann und sollte hier nachziehen.

Als evidenzbasiert arbeitender Chiropraktor in Berlin bin ich offen für Kooperation, Austausch und gemeinsame Lösungen. Wenn Sie als Ärztin oder Arzt Interesse an einem fachlichen Dialog haben – ich freue mich, von Ihnen zu hören. Und wenn Sie als Patient:in nach einem ganzheitlichen, bewegungsbasierten Ansatz suchen: Bei Hender Chiropraktik sind Sie in guten Händen.

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Quellenverzeichnis

[1] National Institute for Health and Care Excellence (2016): Low back pain and sciatica in over 16s: assessment and management – NICE Guideline [NG59].
🔗 www.nice.org.uk/guidance/ng59

[2] Roseen, E. J., et al. (2021): Doctors of chiropractic working with or within integrated healthcare delivery systems: a scoping review protocol.
🔗
PubMed

[3] Hurwitz, E. L. & Chiang, L. M. (2006): A comparative analysis of chiropractic and general practitioner patients in North America.
🔗 BMC Health Services Research

[4] Schmid, A., Ostermann, T., & Büssing, A. (2021): Utilization and attitudes towards osteopathy in German general practice: A nationwide survey.
🔗 BMC Primary Care

[5] Joos, S., Musselmann, B., & Szecsenyi, J. (2008): Integration of complementary and alternative medicine into family practices in Germany: results of a national survey.
🔗 BMC Health Services Research

[6] Schwarz, I. & Hondras, M. (2007): An investigation of chiropractic patients and the types of chiropractors practicing in Germany.
🔗
PubMed Central

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